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Manuel Rubey
Muss man das können oder kann man das lernen?

Manuel Rubey ist Schauspieler, Kabarettist und Musiker. Gegen letztere Bezeichnung verwehrt er sich, bei ersteren beiden zählt er zu den Bekanntesten des Landes. Als Kind wollte er Sportreporter werden. Sport findet er auch heute noch spannend, allerdings lieber passiv – abgesehen von Tischtennis. Im Interview spricht er über Talente und Begabungen, Förderung von Kindern sowie KünstlerInnen mit einer (politischen) Message.

Was taugt dir am Tischtennis?

Für Tischtennis muss ich mich nie motivieren – im Unterschied zu beispielsweise laufen gehen. Wenn jemand spielen will, spiel ich mit. Tischtennis ist so ökonomisch, das kann jeder machen. So unaufwändige Sachen mag ich. Darum ist Skifahren für mich das Sinnloseste der Welt. Was man da für einen Aufwand betreiben muss, um dann mal kurz runterzufahren.

Wie sieht’s abseits vom Tischtennis mit deinen sportlichen Begabungen aus?

Ich bin lieber passiv sportlich – und das wird immer mehr. Als Kind konnte ich mich lange nicht entscheiden zwischen Sportreporter und Schauspieler. Ich habe immer schon gerne gesprochen, dazu noch die Kombination aus Sport und Sitzen – das war schon sehr verlockend. Allerdings habe ich bis 15 auch sehr ernsthaft und intensiv Basketball gespielt. Wir dachten, es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir damit Geld verdienen. Aber da klafften Wunsch und Wirklichkeit massiv auseinander. Trotzdem ist es wohl jener Sport, in dem ich am meisten Talent hatte.

Stichwort Talent: In einem Interview hast du gesagt, dass man Schauspielerei nicht lehren kann. Ist Schauspiel eine Frage der Begabung?

Es gibt Dinge wie Stimmbildung oder dass man seinen Körper ein bisschen kennt – aber was es dann ausmacht, das kann man nicht lehren. Ein guter Schauspieler wird dadurch wahrgenommen, dass er originär und unverwechselbar ist und das kann jeder nur in sich selbst finden. Es gibt ja keine objektiven Kriterien wie beim Sport, sondern hat viel mit Empfindung zu tun. Und ich glaube, wenn jemand sein Ureigenstes hervorkehren kann, empfinden wir das als spannend.

Was oder wer hat dich als Kind darin bestärkt, dass du Talent hast?

Ich bin handwerklich sehr unbegabt und konnte diese klassischen Bubenattribute recht selten erfüllen. Dafür habe ich Charlie Chaplin und Buster Keaton nachgespielt. Und ich hatte das Glück, dass meine Eltern und auch die Schule – ich war in einer Waldorfschule – diesen Punkt sehr gefördert haben. Ich glaube, dass es sehr viele hochbegabte Künstler gäbe, die konventionelle Berufe ausüben, weil man ihnen das nicht zugetraut hat.

Wenn es um die Förderung von Begabungen geht, werden gerade die Schulen oftmals kritisiert bzw. in die Pflicht genommen. Ist das Aufgabe der Schule?

Man kann den Schulen sicher manches vorwerfen, aber dass die Lehrer in einem Schulsystem, so wie wir es jetzt haben, auch noch die Individualität fördern sollen, halte ich für unmöglich. Im Gegenteil, ich finde, sie machen im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr viel. Da ist das Umfeld definitiv stärker gefragt und da dürfen wir uns als Eltern nicht aus der Verantwortung stehlen. Vielmehr sollte man darüber diskutieren, warum wir noch immer ein Schulsystem haben, dass eigentlich 150 Jahre alt ist.

Viel Geld für eine Schulbildung zu zahlen, das geht gesellschaftlich in eine falsche Richtung, das ist Elitenscheiß.

Eine Frage, die sich am Land weniger stellt wie in einer Stadt ist jene, ob man seine Kinder – sofern man es sich leisten kann – auf eine private oder eine öffentliche Schule schickt. Deine Töchter gehen beide in eine öffentliche Schule, warum?

Letztens habe ich mit einem Bekannten diskutiert, dessen Kinder in ein privates Gymnasium gehen. Das klingt auch alles super, aber viel Geld für eine Schulbildung zu zahlen, das geht gesellschaftlich in eine falsche Richtung, das ist Elitenscheiß. Ich würde das Schulsystem gerne komplett aufreißen, dass da frischer Wind rein kann und man das neu ordnen kann. Da bin ich so ein alter mürrischer Klassenkämpfer.

Nach der Schule hast du dich am Max Reinhardt Seminar beworben und bist abgelehnt worden. Hat dich das zweifeln lassen?

Ja, total. Ich bin da ja zum Vorsprechen gegangen mit der Überzeugung, dass die nur auf mich warten. Taten sie nicht. Danach habe ich zu studieren begonnen. Das waren die einzigen zwei Jahre, wo ich dachte, ich muss was Anderes machen. Das Zweifeln zieht sich aber durch die gesamte Karriere. Ich glaube es gibt niemanden, der eine positive Bilanz hat was Castings betrifft. Man hat immer mehr Absagen wie Zusagen. Ich versuche, das Zweifeln ein wenig zu kultivieren, also dass ich meinen Beruf zwar mit großer Ernsthaftigkeit mache, aber auch mit einer gewissen Selbstironie. Wir alle scheitern permanent und man sollte das nicht größer machen, als es ist. Das gilt nicht nur für Schauspieler – wenn es passiert, passiert es und es ist OK und man muss damit umgehen können.

Deine Band „Familie Lässig“ ist dir auch irgendwie passiert, könnte man sagen.

Ja. Ich weise es auch von mir, als Musiker bezeichnet zu werden. Ich liebe Musik, aber gerade wenn es ans Instrument geht, bin ich sicher kein Musiker, dafür reicht das Können nicht. Ich habe das Glück, dass ich immer Menschen getroffen habe, die sehr gute Musiker sind und jemanden gebraucht haben, der ein bisschen vorne steht und die Pappen offen hat. Und man muss auch sagen: In den ersten Jahren war man sehr gut zu uns. Bei den ersten Konzerten hat uns ausschließlich die Selbstironie getragen. Mittlerweile sind wir eingespielt und seit Clara Luzia dabei ist, ist es musikalisch viel besser geworden. Und ich genieße es sehr, dass es mittlerweile ein bisschen herzeigbarer geworden ist.

Wobei dieses Selbstironische ja auch durchaus sympathisch wirken kann. Also wenn man spürt, dass sich die KünstlerInnen selber nicht zu ernst nehmen.

Absolut, das sehe ich ganz genauso. Es ist grauenvoll, wenn man spürt, wie jemand selbst total ergriffen ist von seinem Werk – einhergehend mit erhärtetem Eigengenie-Verdacht, mangelnder Selbstkritikfähigkeit und am besten noch mit einer Message. Dann wird es schnell schrecklich.

Ist es nicht wichtig, dass Künstler bzw. die Kunst im Allgemeinen auch eine Message hat?

Ich habe überhaupt nichts gegen beispielsweise explizit politisches Theater. Ich finde es nur schwierig, wenn jemand oben steht, der mit jeder Faser ausstrahlt: „Ich weiß es besser wie ihr.“ Dieses Belehrende, wenn man so die Moralkeule schwingt, dagegen verwehre ich mich. Aber eine Haltung zu haben oder auch explizit zu werten, dagegen will ich nichts gesagt haben, das finde ich gut.

Wir sind alle Teil der Gesellschaft und müssen immer und immer wieder versuchen, miteinander klar zu kommen.

Du äußerst dich in sozialen Netzwerken auch häufig zu politischen Themen.

Ich diskutiere gerne und ich mag es auch, wenn es ein bisschen klescht. Wir sind alle Teil der Gesellschaft und müssen immer und immer wieder versuchen, miteinander klar zu kommen. Und deshalb kommen wir nicht darum herum, dass wir uns damit konfrontieren. Aber ich mache das nicht, weil ich glaube, dass ich als Künstler mehr zu sagen haben als andere.

Dass du eine gewisse „Signalwirkung“ hast, ist dir aber sicherlich bewusst.

Natürlich, alles andere wäre ja auch geheuchelt und gelogen. Und wie jeder andere freue ich mich auch darüber, wenn ich jemanden von meiner Meinung und meinen Ansichten überzeugen kann. Weil ich natürlich der Meinung bin, dass ich in manchen Dingen recht habe. Sonst würde ich es ja nicht sagen.

Text: Matthias Köb // Friendship.is
Fotos: Julian Mullan & Jana Sabo // Friendship.is

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