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Hubert Rhomberg
Das Ende eines Ego-Trips

Er baut ressourcenschonende und energieeffiziente Hochhäuser aus Holz und produziert dabei so gut wie keinen Abfall. Herzstück seiner Unternehmensstrategie war schon vor über 10 Jahren Nachhaltigkeit in all ihren Facetten. Er hält weltweit Vorträge über das Bauen der Zukunft, fordert das Ende des Ego-Trips der Baubranche und setzt sich für ein Wissensmanagement ein, bei dem jeder von überall auf erprobtes Know-How aus dem Holzhybridbau zugreifen kann. Hubert Rhomberg, seit 2002 Geschäftsführer des gleichnamigen Vorarlberger Unternehmens, ist Baumeister, Visionär, Mentor – und einer, der lieber vordenkt als nachzudenken.

Vor einigen Jahren hat Schauspieler Jim Carrey Hochschulabsolventen in einer bewegenden Rede zwei Fragen gestellt: How will you serve the world? Which talent do you provide that they need? Das sei alles, was einer herauszufinden habe, sagte er weiter. So ähnlich müssten auch die Fragen ausgesehen haben, die sich Hubert Rhomberg, Vorarlberger Bauunternehmer in vierter Generation, gestellt hat, als sein Vater ihm vor 14 Jahren die Geschäftsführung übertrug. Damals wusste der studierte Bautechniker nicht so recht, in welche Richtung er das Unternehmen leiten sollte. Einer der Gründe für diese Orientierungslosigkeit war, so sollte er bald feststellen, dass er nicht wusste, was er selber wollte. Und so fing damals mit der Frage „Was mache ich mit meinem Leben?“ alles an. 

„Die Bauwirtschaft verbraucht 40 Prozent aller Ressourcen der Welt“

Die Frage nach den eigenen Wünschen ist normalerweise eng verbunden mit dem, was man gut kann – den eigenen Talenten. Hubert Rhomberg wollte verändern und gestalten. Darin sah er seine „Purpose“, wie er es ausdrückt. Und als es dann um die Entwicklung einer Unternehmensstrategie ging, richtete sich der Fokus von Innen nach Außen: „In dieser Phase habe ich Friedrich Schmid-Bleek, einen Pionier in der Ökologie und Ressourceneffizienz, getroffen und der mir hat mir erklärt, dass die Bauwirtschaft den größten ökologischen ‚Impact’ der Welt hat, weil sie 40 Prozent aller Ressourcen weltweit verbraucht und den meisten Abfall produziert. Wenn alle so leben würden wie wir in Europa, dann bräuchten wir zweieinhalb Planeten. Da war für mich klar: Das geht in Zukunft nicht so weiter,“ so Rhomberg, aus dem damals nicht nur der Idealist, sondern auch der Unternehmer sprach: „Wenn du auf diese Entwicklungen keine Rücksicht nimmst, kannst du als Unternehmen nicht überleben.“

Wenn alle so leben würden wie wir in Europa, dann bräuchten wir zweieinhalb Planeten.

Die neue Unternehmensstrategie setzte sehr stark auf das große Thema Nachhaltigkeit, das damals noch unverbraucht war. Und weil Hubert auch etwas Eigenes und andere Dinge machen wollte als sein Vater, schenkte er einem damals noch sehr kleinen Geschäftsfeld seine Aufmerksamkeit: dem Ausbau der Bahntechnik. „Das Bahngeschäft ist mittlerweile größer als der Baubereich“, so der Bauunternehmer, dessen Vater vollstes Vertrauen in das steckte, was er tat: „Er hat mich einfach machen lassen. Und dann war er auf einmal drei Monate nicht da und ich musste mich um alles kümmern.“ Unter anderem um die Mitarbeiter, die nicht alle mit dem Wechsel zurechtkamen: „Im Nachhinein weiß ich, dass ich viel zu schnell unterwegs war. Wenn du ein klares Ziel hast, dem du folgst, dann geht dir alles zu langsam. Aber ich musste erst lernen, wie Organisationen funktionieren und dass es nichts bringt, wenn du vorne wegläufst und die Leute kommen nicht nach“, sagt Hubert Rhomberg.

„Vertrauen ist das effizienteste Managementmodell“

Der neue Chef beschäftigte sich intensiv mit dem Thema Mitarbeiterführung und setzte Maßnahmen, die heute unter die Kategorie „Employer Branding“ fallen würden. Als Unternehmen so attraktiv zu sein, dass die besten Leute von selber kommen wollten, war das Ziel. Der Weg ging über Vertrauen („Das effizienteste Managementmodell, das es gibt – man erspart sich Überwachungseinrichtungen und Kontrollmechanismen und verhindert Demotivation“) und die Fähigkeit, Verantwortung abzugeben sowie die Vermittlung einer ganzheitlichen Sicht („Einer, der weiß, warum er etwas tut, hat ein ganz anderes Verständnis und Selbstwertgefühl als einer, der es nicht weiß.“) Außerdem sei ihm wichtig, dass jeder bei dem, was er tat, wachsen könne. Vertrauen, Eigenverantwortung, Weiterentwicklungsmöglichkeiten – alles Grundsätze, die dem Machttrieb zuwiderlaufen, den man Führungspersönlichkeiten in der Baubranche gerne unterstellt.

No one knows more than everyone.

Dass die Welt keine Ego-Persönlichkeiten braucht, die ständig damit beschäftigt sind, miteinander zu kollidieren und sich voneinander abzugrenzen, ist eines dieser Rhomberg-Themen. Dass es an der Zeit ist, einen anderen Umgang mit Wissen zu kultivieren, ist ein anderes. Und das erklärt auch, warum Hubert Rhomberg sich auf seinem Facebook-Profilbild als Borg, der Cyborg-Spezies aus der Serie Star Trek, präsentiert: „Die Borg haben mich immer fasziniert, weil: Was einer weiß, wissen alle. No one knows more than everyone.“ Was das für das Bauen der Zukunft bedeutet? Wenn jeder das, was er weiß und gelernt hat, mit anderen teilt und nicht aus Konkurrenzangst oder Machtgründen davon absieht, kann Neues entstehen. Rhomberg spricht in diesem Zusammenhang vom Ego-Prinzip, das zum Lego-Prinzip werden muss, in dem der Öffentlichkeit Wissenselemente wie Bausteine zur Verfügung stehen. Lego-Prinzip bedeutet aber auch, dass ein Haus aus Modulen zusammengestellt werden kann, die kaum Abfall produzieren. So wie es beim Holzhybrid-Hochhaus der Fall ist, dessen Stockwerke sich wie Bausteine aufeinanderstapeln lassen.

Bauen 4.0

Seit 2012 steht in Dornbirn das erste Holzhybrid-Hochhaus, der acht stöckige Life Cycle Tower. Ganze acht Tage dauerte der Bau – pro Tag ein Stockwerk. So würde in Zukunft gebaut werden, ist Rhomberg überzeugt. Und legt die Fakten auf den Tisch: „Es wächst täglich mehr Holz nach als wir verbrauchen. Holz hat fast keinen ökologischen Rucksack und speichert CO2. Wenn wir damit bauen, verbrauchen wir 100 Prozent. Und es ist gesund und hat einen direkten Effekt aufs Wohlbefinden.“

Die Leute, die wissen, wie’s nicht geht, sollen die Leute in Ruhe lassen, die’s tun.

Auch die alten Brandschutzregeln aus den Zeiten, in denen mit offenem Feuer gekocht wurde, würden langsam angepasst. In Kombination mit den unzähligen Möglichkeiten, die das Internet der Dinge mit sich bringt, sei so ein Holzhybrid-Haus das absolute Zukunftsmodell für das neue Leben in der Stadt: „Es müssen zum Beispiel keine Leitungen mehr einbetoniert werden, weil sich über neue Technologien alle Komponenten vernetzen, ausbauen und umbauen lassen,“ so Rhomberg, der angeblich ausgelacht worden war, als er die Idee mit dem Holztower erstmalig präsentiert hatte. „Die Leute, die wissen, wie’s nicht geht, sollen die Leute in Ruhe lassen, die’s tun“, hat er dann als einen seiner Leitsätze definiert. Und dem scheint er treu zu bleiben.

www.creebyrhomberg.com

Text: Martha Miklin // Friendship.is
Fotos: Ian Ehm // Friendship.is

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